Der optimale Gegenkopplungswiderstand
Der Gegenkopplungswiderstand vom Ausgang eine Leistungsverstärkers zu seinem invertierenden Eingang ist ein Bauteil, dem meiner Meinung nach viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Dabei sollte klar sein, dass jede Eigenschaft dieses Widerstandes, die ihn vom idealen linearen Widerstand abweichen lassen, direkt eine Verfälschung unseren Signals zu Folge hat. Hier hilft auch keine Ringverstärkung mit der man viele kleine Fehler im inneren des Verstärkers (bis auf den Differenzverstärker) ausgleichen kann.
Ein Beispiel: jeder Widerstand hat einen Temperaturkoeffizienten Tc. Typisch sind das 50-100ppm/°C. Wenn der Verstärker mit einem tieffrequenten Signal (z.B. 60Hz) ausgesteuert wird, dann wird auch der Gegenkopplungswiderstand, an dem ja die (fast) volle Ausgangsspannung anliegt mit dieser Frequenz etwas in der Temperatur moduliert. Bei thermischen Zeitkonstanten eines normalen 0207 Widerstandes im Bereich einiger Sekunden sind das natürlich nur wenige Milligrad, aber immerhin. Damit ändert sich der Wert des Widerstandes und damit auch die Verstärkung unseres Leistungsverstärkers mit unserem tieffrequenten Signal.
Ein Ton höherer Frequenz (z.B. 7000Hz) wird so in seiner Amplitude moduliert, was sich in zusätzlichen, vorher nicht vorhandenen Signalanteilen äußert. Es entstehen zusätzlich Signale mit den Frequenzen, in unserem Beispiel, von 7000Hz+-n x 120Hz. Die 120Hz (und nicht 60Hz) rühren daher, dass natürlich beide Halbwellen des tieffrequenten Signals den Gegenkopplungswiderstand erwärmen, also quasi mit dem gleichgerichteten Signal moduliert wird.
Das ganze ist dann Intermodulationsverzerrung (in der SMPTE-Variante). Klanglich äußert sich das durch einen weniger direkten, präzisen, kraftvollen Bass als es eigentlich möglich wäre.
Aber was kommt da eigentlich raus? Hier mal die Simulation eines solchen Gegenkopplungsnetzwerks:
Sieht etwas kompliziert aus, ist aber nicht so schlimm. Mit H1 wird der Strom im durch unsere Widerstandsnachbildung gemessen. E1 erfasst den Spannungsabfall. Beides wird im Nachfolgendem Block multipliziert und ergibt die entstehende Verlustleistung (hier als Strom) in unserem Widerstand. Schickt man diese Verlustleistung (Strom) nun in das Netzwerk aus Rth (also dem thermischen Widerstand des Widerstandes) und Cth (der thermischen Kapazität des Widerstandes) bekommt man die aktuelle zeitabhängige Temperatur des Widerstands. Dies wird dann mit TC und R25°C in den aktuellen Widerstandswert umgerechnet. Die anliegende Spannung (VR) wird durch diesen Wert geteilt und über die gesteuerte Stromquelle G1 ausgegeben. Fertig ist das Modell eines Widerstandes unter Berücksichtigung seiner dynamischen Eigenerwärmung. R2 dient nur der Konvergenz der Simulation und hat sonst keine Wirkung.
R25°C und R3 sind die Werte für das Gegenkopplungsnetzwerk die ich typisch in meinen Verstärkern einsetze.
Und hier das Simulationsergebnis:
Na ja, eine IM-Verzerrung im Bereich von -160dB ist klagen auf höchstem Niveau, aber man wäre keine High-Ender, wenn man es nicht noch besser machen wollte.
Aber Vorsicht: bei Verstärkern mit deutlich mehr Leistung, höherer Aussteuerung und vor allem kleineren Widerstandswerten im Gegenkopplungsnetzwerk kann es schnell zu katastrophalen Ergebnisses führen.
Was kann man also tun: z.B. einem Widerstand mit deutlich geringerem TC einsetzen. Den kann man kaufen (kann aber schnell mehr als €10,- kosten) oder in den Widerständen aus der Bastelkiste suchen. Jeder Widerstandswert einer Baureihe (z.B. 0207 von Beyschlag) hat einen anderen TC. Meine 10k Widerstände aus der Bastelkiste haben ca. 20ppm/°C, meine 47k Widerstände der gleichen Baureihe weniger als 2ppm/°C (besser kann ich nicht messen). Hierzu messe ich die Widerstände bei Raumtemperatur und bei ca. 90°C (Heißluftföhn).
Alternativ kann man auch mehrere Widerstände parallel und/oder in Reihe schalten. Dies verringert die Eigenerwärmung durch Verteilung der Verlustleistung auf mehrer Bauteile und erhöht die thermische Trägheit. Bei 4 Widerständen bringt das immerhin schon einen Faktor 16 also 24dB.
Ich mache meist beides: also in meinem Fall 4x47k und 1x68k parallel und wird haben einen einen der besten 10k Widerstände die es auf dieser Welt gibt.
Die Suche nach dem optimalen Widerstand sollte man bei jeder neuen Lieferung wiederholen. Der TC ist leider vom Hersteller, von der Baureihe und von der Charge abhängig.